Die Sonne, der Mond und die Wahrheit: Einzelausstellung mit Henning Kles

23 Februar - 5 April 2024
Übersicht
„Meine Malerei beschreibt das Verhältnis von Mensch, Körper und Gesellschaft. Ganz aktuell ist das Spielfeld der Landschaftsmalerei dazu gekommen, auf dem sich bei aller Schönheit eben auch soziale, politische oder ökologische Themen verhandeln lassen“
 
Es sind keine deutschen Landschaften, die uns der Hamburger Maler Henning Kles ( geb. 1970) offenbart, es sind Phantasielandschaften, Seelenlandschaften oder Sehnsuchtsräume. Der Blick streift vorbei an Felsen und Tannen Richtung Himmel mit kreisrunder Form. Gedeutet als Sonne, ist sie Symbol der Wärme und des Lichts und setzt in Ekstase. Gedeutet als Mond verkörpert sie symbolisch die Kräfte der Nacht, des Unterbewusstseins, der Romantik und Fantasie. Die Dunkelheit ist jedoch verschwunden und Kles Lieblingsfarben Rosa und Violett dominieren. Der Berg ist die Akzeptanz der Dinge, wie sie sind, wie der Mond, die Sonne – kosmische Ereignisse, auf die wir keinen Einfluss haben. Doch der Blick ist verklärt. Ohne Anklage gibt es auch einen abgründiges Momentum, einen Kippmoment. Kles beschreibt es als eskapistisch, vor der Realität und ihren Anforderungen in Illusion oder in Zerstreuung ausweichend. 
 
Entdecken kann man vielseitige Techniken in seinen Bildern. Neben starkverdünnten Farben, finden sich tiefdurchtränkte Stoffstücke und einen weichen, pastosen Duktus von Oil-Sticks wieder. Die Verwendung von Pastellfarben suggeriert jugendliche Frische. Seine Bilder sind ein Lobgesang an die Schönheit der Natur – in Kles eigener purer Wahrnehmung. Viel Sonnengelb, zartes Violett und knalliges Orange. Insgesamt erscheint das Kolorit hell, leuchtend, optimistisch – ein ewiger Sommer. 
 
Erinnert man sich an seine Bilder mit Bitumenemulsion aus den Jahren um 2010, in der Kles die Motive mittels Abtrug fand, entwickelt er sie seitdem mittels Hinzufügung von Farbe und Textil. Durch den intuitiven Prozess der Dekonstruktion von Figuration als behandeltes Thema erforscht Kles, stets und nie zögerlich, neue Bildfindungen. Er reduziert in seinem Werk die Bildelemente auf Grundformen: Quadrate, Kreise, Dreiecke sortieren sich von Bild zu Bild immer wieder neu. Diente der Kreis in seinen Serien RRGGBB, ES, EUMENES und FLEX als Auge oder Designelement, bildet er nun Himmelskörper, die nun in der abstrakten und gestaffelten Bildanlage als Orientierung dienen. 
 
Inspiriert wurde Kles zu den Landschaftsbildern durch die Auseinandersetzung mit den abstrakten Bildern von Arnold Fiedler (1900–1985), wozu wir Kles im Jahr 2021 für die Ausstellung Classic meets Contemporary zum künstlerischen Dialog eingeladen haben. Henning erläutert in der Retrospektive, dass ihn zuvor einzig das Hochformat interessierte, die Beschäftigung mit Fiedlers Bildern ihn nun zum kleinen Querformat führte. Dieses dient traditionell als Bildformat für Landschaftsbilder, aufgrund der breiten Horizontalen, die den Blick weitet.
 
Auch der bedeutendste Künstler der Romantik, Caspar David Friedrich (1774–1840), wirkte auf Kles. Dieser lotete im 19. Jahrhundert die Beziehung zwischen Natur und Mensch in seinem Werk aus – eines der zentralsten und aktuellsten Themen unserer heutigen Zeit. Der Himmel, der sich in einigen Beispielen bei Kles wie im Film sequenzartig aufsplittert, und die Sonne somit mehrmals glüht, weist auf diesen Aspekt hin. Der Film hängt, der freie Blick auf die Natur wird gestört. „Die Sonne, der Mond und die Wahrheit“. Das buddhistische Sprichwort besagt, das jene drei Dinge nicht lange verborgen bleiben können. Sinnbildlich gesprochen: die Wahrheit nicht sehen zu wollen, funktioniere auf Dauer nicht, die Folgen sind unausweichlich.
 
Henning Kles zeigt einen Ausblick mit der neusten Serie NASCOR (lat. erwachsen, gedeihen). Er lässt den Pinsel rauer über den groben Leinenstoff fahren, die Grundformen werden weicher und unkonkreter. Kles hat sich vom Motiv befreit und wird absolut assoziativ – Ein Zeugnis seiner Offenheit für Wahrgenommenes und seiner großen Wandlungsfähigkeit.
 
Henning Kles wurde 1970 in Hamburg geboren und studierte dort zwischen 1993 und 1998 Malerei an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften bei Dieter Glasmacher sowie von 2000 bis 2005 an der Hochschule für bildende Künste bei Werner Büttner und Olav Christopher Jenssen. Die Arbeiten von Henning Kles gewinnen durch ihre unendlichen künstlerischen Zitate an Komplexität. Er schöpft aus einem reichen Fundus medialer und kunsthistorischer Motivvorlagen und übersetzt sie in seine farbige, verspielte Bildsprache. Seit 2013 hat Kles eine Professur für Malerei am Department Design an der HAW Hamburg inne. 
 
ARTIST TALK 
5. April um 18: 30 Uhr
 
AUSSTELLUNGSORT
Galerie Herold • Colonnaden 5 • 20354 Hamburg
Ausgestellte Werke
Ausstellungsansichten